Fritz Bornstück + Jan Muche
STÜCKE AUF PAPIER
27. bis 29. April 2018
Fritz Bornstück und Jan Muche leben als Maler, Zeichner und Bildhauer in Berlin. Beide studierten an der Universität der Künste, seit vielen Jahren pflegen sie eine Künstlerfreundschaft. Von Alexander Ochs zusammengeführt, werden sie das erste Mal gemeinsam gezeigt und mehr als das: für die paper positions schufen sie gemeinsame Papierarbeiten. Hintergrund dieser Kollaboration war die Maxime des Messeveranstalters pro Aussteller nur eine Abbildung im Katalog zu zeigen, eine Maxime die für Bornstück und Muche ein ‚no-go‘ darstellte.
So entstanden Arbeiten, die agieren wie die vollkommene Synthese zweier vollständig gegensätzlicher Bildsprachen:
Jan Muche setzt sich mit suprematistischen Strukturen und architektonischen All-Over-Kompositionen auseinander, während Bornstück das universelle Kompostierungsgelände seiner ‚Wastelands‘ gerne mit Singvögeln bevölkert und dem Ganzen damit eine narrative Wendung gibt. Die Aneignung der Elemente des Anderen findet spielerisch und leichtherzig statt: Bornstücks Ranken und Vögel überwuchern Muches Architekturen und bilden zusammen ganz neue assoziative Räume. Muches geometrische Elemente bilden nicht nur ein stabil gebautes Fundament für den Bildraum, sondern lösen sich beinahe mystisch von Bornstücks Narrationen und führen ein wunderbar kryptisches Eigenleben, wie zum Beispiel die berüchtigte ‚Party-Raute‘.
Darüber hinaus präsentiert ALEXANDER OCHS PRIVATE natürlich auch Solo-Positionen der beiden Künstler. Die Stücke von Bornstück öffnen den Blick in größtenteils unwegsames, brachliegendes Gelände. Es sind Kompositionen überwucherter Überreste einer konsum- und feierwütigen Wegwerfgesellschaft. Die umherliegenden und aufgetürmten Alltagsgegenstände könnten wir als Stellvertreter menschlicher
Anwesenheit und gleichzeitig auch (Kunst-)geschichtliches Verweissystem sehen. Von ihren eigentlichen Funktionen befreit, führen die kubischen Formen der klobigen Kühlschränke und architektonischen Gebilde das Auge auf Irrwegen in den Bildraum. In der Bildtiefe geben dämmerige Blau- und Grüntöne den Bildern eine tragende und melancholische Stille, während im Vordergrund eine überbordende Verstrickung von floral-ornamentalen und konstruktivistischen Elementen dazu einlädt, sich im Bild zu verlieren. Die scheinbar von der Natur zurückeroberten Müllhalden der Popkultur werden nun zu neuen Lebensräumen für einheimische und exotische Singvogelarten, Insekten und anderes Getier. Ins Englische übersetzt man Brache als ‚Wasteland‘ was ganz andere Assoziationen auslöst.
Obwohl seine Bilder auf den ersten Blick sehr malerisch wirken, handelt es sich um Collagen. In Pigment getränkte Papierschnipsel und Stücke, Fäden und Klebstoff spielen genauso eine Rolle im Bildaufbau wie klassischere malerische Gesten wie Pinselstriche und Farbverläufe.
In seiner Malerei auf Leinwand pflegt auch Jan Muche die Methodik der Collage, die sich in seinen Papierarbeiten im Hintergrund erahnen lässt. Stark farbige, an den Beginn der Moderne, den Konstruktivismus und Suprematismus erinnernde Motive, vermitteln durch den durchscheinenden, aquarellierten Farbauftrag eine Idee von Leichtigkeit ‚im Jetzt‘. Im Gegensatz zu Bornstück möchte Muche in seinen Bildern eigentlich nichts erzählen. „Ein Bild“, so der Künstler, „steht für sich, darum ist es ja ein Bild“. Auch Muche gefällt sich als ‚Verwerter des Abfalls der Moderne‘ und spätestens hier kommt es zu der beabsichtigten, auch inhaltlichen Berührung mit den ‚Stücken‘ eines Fritz Bornstück.